Bianca Bartel

1. Platz in der Jahrgangsstufe 7 & 8

Bianca Bartel
Gesamtschule Aachen-Brand

Sozialkritisch

Perfekt sein. Gute Noten schreiben. In dieses System passen.
Keine Angst oder Schwächen zeigen, weil du sonst nicht gut genug bist.
Tränen wegwischen, die durch Leistungsdruck entstehen und nach der Schule verschwinden.
Du darfst sie nicht zeigen. Deine Gefühle.
Das Klemmen in der Brust, wenn die Noten preisgegeben werden.
Niemand darf wissen, wie fertig dich die Schule macht. Das System.
Die Woche während der Arbeiten, bevor du die Luft anhältst und niemandem zeigst, wie die Klausur ausgefallen ist, obwohl dich einige für die Note beneiden würden. Du hast mehr von den schlaflosen Nächten, den aufkommenden und fließenden Tränen erwartet.
Eine Drei. Für den E-Kurs nicht genügend. Für den G-Kurs zu gut.
Wo gehörst du hin? In dieses System, das dazu führt, sich mit jedem zu
vergleichen?
Sei du selbst, sagen sie.
Deine Leistungen in einem bestimmten Fach sinken. Du verstehst es nicht. Kommst nicht weiter. Bleibst auf derselben Stelle stehen.
Du gibst nicht dein Bestes, tadeln sie sich.
Sehen deine Tränen und Narben nicht, die du nachts fließen lässt, um den Schmerz zu verarbeiten, weil jeder deine Beklagen und Beschwerden belächelt. Wir hatten dasselbe Schulsystem und haben trotzdem überlebt, lehren sie dich. Sie nehmen dich nicht ernst. Schieben deine Gefühle auf Hormone. Nehmen deine Probleme nicht wahr.
Du passt hier nicht rein, weißt nicht, wie du in dieses kaputte System passen sollst, nur um alle Erwartungen, außer deine eigenen, zu erfüllen.
Die perfekte Person ist das, was sie wollen. Gute Noten. Ein Lächeln. Gute Laune. Sie verlangen Antworten auf Fragen, die deine Zukunft betreffen, über die du dir selbst noch keine Gedanken gemacht hast, weil es dir Angst macht. Dich unter 16 festzulegen, was du dein halbes Leben machen willst, kannst du nicht sagen. Sie betiteln dich als unnützlich. Unselbstständig und verachtenswert.
Es ist eine Schande, dass du dies noch nicht weißt, lästern sie. Hinter deinem Rücken. Dein Herz zieht sich zusammen. Du schweigst, um keine Probleme zu bekommen. Um in keine zweite, dritte, vierte oder fünfte Schublade gesteckt zu werden.
Ohne Bestnoten schaffst du deinen Abschluss nicht, erwidern sie. Geben dir noch mehr Hausaufgaben mit. Ignorieren die Tatsache, dass du Hobbys und das Gefühl hast, zu ersticken.
Fragen. Tränen. Noten. Leistungsdruck. Tief durchatmen. Weitermachen. Nicht anmerken lassen, dass du es nicht schaffst. Aufgeben möchtest. Im Kampf mit dir selbst bist.
Schweigen. Sich anpassen. Lügen. Weniger für sich selbst tun. Es ertragen, weil du nicht als undankbar abgestempelt werden willst.
Du passt dich diesem System an, ohne zu wissen, dass sich niemand daran
erinnern wird, ob du gekämpft hast.
Du atmest tief ein, wischst die Tränen weg und setzt ein Lächeln auf.
Weitere Noten werden bekannt gegeben.
Das beklemmende Gefühl in deiner Brust wird stärker. Die Narben an deinen Armen brennen. Du verziehst keinen Muskel. Lässt dir nichts anmerken, erträgst und tolerierst den Schmerz.
Du kennst es nicht anders. Willst Widerstand gegen dieses System leisten, um der Welt zu beweisen, wie viele darunter leiden.
Der Lehrer kommentiert alles. Deine Noten. Dein Verhalten. Du siehst weg. Bist perfekt. Denkst, Noten würden deinen Wert als Person bestimmen. Die Panik wird greifbar. Es endet mit deinem Tod.