Inga Höhl

1. Platz in der Jahrgangsstufe Q1

Inga Höhl
Gesamtschule Aachen-Brand

Irgendwann dazwischen

Und irgendwann zwischen damals und heute wurde aus
„Mama, endlich darf ich in die Schule gehen!“
zu „Zwei Arbeiten nächste Woche, wie soll ich das überstehen?“
Aus „Morgen singen und malen wir!“ wurde
schreiben und lernen, bis ich fast meine Kraft verlier.
Als man mir damals sagte „Jetzt beginnt der Ernst des Lebens“
Dachte ich nicht, ich muss mich ständig nach Auszeit sehnen… vergebens.
Manchmal wünschte ich, ich könnte das Mädchen fragen,
ob sie weiß, dass es okay ist, auch mal zu versagen.
Ich weiß, du denkst „Note gleich Wert“,
weinst heimlich und sagst nichts, was die Sache erschwert.
Versteh mich nicht falsch, ich schreibe schon gern
und der Geschichtsvortrag, da konnte ich einiges lern‘.
Das Schwere ist nicht der Unterricht.
Die Zeit danach ist, was mich häufig zerbricht.
Die Hausaufgaben sind bis morgen
Ernsthaft?… ich hab ganz andere Sorgen.
Denn Schule ist zufällig nicht der einzige Stress,
ich durchlaufe doch noch einen and‘ren Prozess.
Ich bin 17 und versuch mich selbst zu verstehen,
fühl mich allein, hab mich an falschen Menschen sattgesehen
Und wenn nach der Klausur dieser Lehrer fragt,
um ehrlich zu sein, hab ich’s schon vorhergesagt.
„Was war los, du musst das besser hinkriegen!“
Wer hat bestimmt, dass Klausuren so viel wiegen?
Spräche ich noch mal mit dem Mädchen von eben;
ich würde ihr folgende Ratschläge geben:
Es ist okay, wenn du nicht alles verstehst,
wenn du nicht lernst, sondern lieber bei Oma Kuchen essen gehst.
Ich würde ihr sagen, was viele oft vergessen haben
Keine Note der Welt ist es wert, dass du Angst hast du versagen.
Ich finde, du sollst wissen, du hast mehr geschafft, als du denkst.
Selbstvertrauen, Mut und Akzeptanz ist das, was dich in die richtige Richtung lenkt.
Denn das ist, was Leistung wirklich ist,
zu lernen, wie man sich nicht selbst vergisst,
zu entdecken, was man in der Zukunft macht,
zu erkennen, wie viel man wirklich schafft.
Zu verstehen, was in der Welt passiert
und wie ich helfen kann, damit die Erde nicht verliert.
Und nicht nur von Zellen sprechen oder Funktionen
und Analysen und die Noten sollen uns belohnen?
Interessiert denn keinen die Dinge, die draußen passieren,
die viel wichtiger sind als irgendeinen Graphen zu definieren.
Kriege, Umwelt, Gewalt und Verluste,
es gibt bedeutsamere Themen, über die man sprechen müsste.

Und häufig sehe ich das Mädchen von eben,
die irgendwie versucht, ihr Bestes zu geben
und dann trotzdem wieder denkt Note gleich Wert, ohne es sich einzugestehen,
ich wünsch mir so sehr, du würdest viel mehr in dir sehen.
Die begriffen hat, wie anders das ist
und ständig die erste Klasse vermisst.
Als alles noch so einfach war,
da hatte ich noch einen schöneren Plan.

Irgendwo und irgendwann zwischen damals und heute wurde „Ich kann es kaum erwarten, in die Schule zu gehen!“ zu „Das ist nur noch ein – wie werde ich das hier überstehen?“