Phijelle Damaschke

1. Platz in der Jahrgangsstufe Q2

Phijelle Damaschke
Bischöfliches Pius-Gymnasium Aachen

Blütenvase

Einst stand dort eine Vase.
So dünn und gläsern war die Tracht,
Gelegt in Märchenblase.
Sie sehnte sich nach Blumenpracht.

Am liebsten mocht’ sie Rosen.
Was and’res hat sie nie gekannt.
Wenn Blütenblätter tosen,
So hat man’s Liebe stets genannt.

Mit wunderschönsten Blättern
Und einem Lächeln im Gesicht,
Da kam zum Niederschmettern
So federleicht das Schwerstgewicht.

Sie stand in voller Blüte.
Sie sprach so sanft: ,,Komm, lass mich rein.
Versprech’, dass ich dich hüte.”
Das konnte wahre Liebe sein.

Sie hielt, was sie versprochen.
Noch nie hat Glas so sehr gelacht
Doch alles wurd’ zerbrochen.
Erschreckend, was die Zeit gemacht…

Denn beide Rosenzweige
Erstreckten sich bloß Dorn um Dorn,
Sodass die Vase schweige.
Das lindert ihren Blütenzorn.

Sie formten sich zu Händen.
Sie strichen übers Vasenglas,
Hinunter zu den Lenden.
Vom ganzen Körper nahm man Maß.

Ganz achtsam war das Kratzen.
Sie malte lüstern jeden Riss.
Im Vasenohr war Schmatzen.
Sie leckte über jeden Biss.

Sie durft’ es schließlich machen!
Sie hatte hundert Mal gefragt!
Die Vase wollt kein Krachen.
Drum hatte sie dann ,,Ja” gesagt.

Denn wollt’ sie’s einmal meiden,
So folgte schnell ein Vorwurfswort:
,,Du kannst mich eh nicht leiden…”
Ein weit’res Stück vom Seelenmord.

Sonst kehrte sie den Rücken.
Die Vase scherte sie doch nicht.
Riss riesig große Lücken.
Die ganzen Sprünge wurden dicht.

Die Vas’ wurd’ immer schwächer.
Sie legte sich ins Dornenfeld.
Der rote Rosenfächer,
Der schirmte ab von Farbenwelt.

Es gab einst Wasserfülle!
Die Rose trank nur alles aus.
Was blieb, war leere Hülle.
Da zog sie ihre Ranken raus.

,,So kann man dich nicht lieben.”
Die ganze Zeit war nichts mehr wert.
,,Ich wünscht’, du wärst geblieben…”
Erschreckend, was das Leben lehrt.

Zersprang in tausend Teile.
Die Vase fiel auf den Asphalt.
Lag eine Ewigweile.
Dort unten ist es bitterkalt.

Da reckt sich eine Pflanze.
Der Rosenfächer hatt’s versteckt.
Sagt: ,,Lache, liebe, tanze!
Dein Lachen hat mein Herz erweckt.”

Ein Gänseblümchen-Strahlen.
Es ist, als ob die Sonne lacht
Nach all den Rosenqualen,
Als wäre Tag nach finst’rer Nacht.

Denn Gänseblümchenzweige
Erstrecken sich nicht Dorn um Dorn,
Sodass sie nicht mehr schweige.
Nicht eine Spur von Blütenzorn.

Sie formen sich zu Händen.
Sie streichen übers Vasenglas,
Doch nicht bis zu den Lenden.
Vom ganzen Herzen nimmt man Maß.

Sie kann’s nur nicht verstehen.
Und alles schlägt bei ihr Alarm!
,,Ich schwör, es wird vergehen.”
Es nimmt sie sachte in den Arm.